Das Kolonnadenviertel in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts
Ende des 19. Jahrhunderts hatte sich Leipzig zu einer reichen Stadt entwickelt, die enorm expandiert war. Waren es 1885 noch 170.000 Einwohner, so wurden 1892 schon 400.000 gezählt. Neben einer zügigen Eingemeindung der Vorstädte in der Zeit zwischen 1895 und 1905 werden das Zentrum und die im 19. Jahrhundert unmittelbar außerhalb des Rings um das Zentrum entstandenen Vorstädte bereits in den späten 90er Jahren und in der Zeit bis etwa 1914 in wichtigen Teilen wieder abgerissen und völlig um- bzw. neu gebaut.
1898 weichen im Zuge der Überwölbung des Pleißemühlgrabens die Centralhalle und das Place de Repos, das dem Bau des Centraltheaters Platz macht. Lehmanns Garten wird um 1899 völlig neu gestaltet und durch die Bose- sowie die Gottschedstraße gegliedert. Hier entstanden vor allem repräsentative Gebäude, die das Stadtbild bis zur Zerstörung im 2. Weltkrieg wesentlich geprägt haben. Dazu zählen außer den genannten das Geschäftshaus Reisender Kaufleute Deutschlands (1901), die Loge Minerva (1905), das Gebäude der Alten Leipziger Lebensversicherung (1907/1908) und das Geschäftshaus Martin-Luther-Ring 13 (1915). Das letztgenannte, das heutige Lipanum, wurde erst nach dem Beginn des Ersten Weltkriegs fertiggestellt. Bis dahin waren die Quartiere im heutigen Kolonnadenviertel im Wesentlichen alle bebaut.
Danach wurden von 1915 bis 1921 zwar noch repräsentative Projekte für die Neugestaltung von Lurgensteins Garten sowie das Gebiet zwischen Otto-Schill-Straße, Zimmerstraße und Alter Amtshof entwickelt, aber nie realisiert. Als einziges neues Gebäude entstand 1922 in Apels Garten 4 die orthodoxe Ez-Chajim-Synagoge durch Umbau einer Turnhalle. Die so genannte Reichskristallnacht vom 9. zum 10. November 1938 führte zur Zerstörung und anschließendem Abriss der beiden Synagogen in der Gottschedstraße bzw. in Apels Garten. Die Flächenbombardements im Zweiten Weltkrieg zerstörten schließlich den größten Teil der Baussubstanz im Kolonnadenviertel. Daraufhin setzte sich die Bautätigkeit in unserem Viertel gezwungenermaßen fort.